TEXT + REGIE: SUSANNE STERN
INSPIRIERT VON SHAKESPEARES „WINTERMÄRCHEN“ UND MÄRCHEN DER BRÜDER GRIMM
Selbstbestimmung und die Optimierbarkeit des Lebens sind die Kernwerte unserer Zeit. Doch die befreiten Individualisten des 21. Jahrhunderts erleben sich allzu oft festhängend in irrationalen Mustern und leiden an Themen, die unüberwindlich scheinen. Wie frei sind wir wirklich und welche Rolle spielt das persönliche und kollektive Erbe? Sind die Erlebnisse der Vorfahren lebendiger in uns, als wir glauben? Welche Prägungen und Altlasten werden mitgeschleppt in die Zukunft? Muss man die Vergangenheit ausgraben, um die Probleme der Gegenwart zu lösen oder bleiben manche Gespenster besser ungeweckt?
„Hinter hohen Hecken“ ist ein Stück über familiäre Archetypen und die Geister der Vergangenheit, inspiriert von Konflikten und Konstellationen aus Shakespeares „Wintermärchen“ und Märchen der Brüder Grimm. Menschen werden in Tiere verwandelt und zu Stein Erstarrte erwachen wieder zum Leben, hohe Hecken gedeihen, wenn man sie lässt und die Dämonen der Vergangenheit wollen keine Ruhe geben - die Bilderwelt der Märchen wird in die Gegenwart geholt und die strauchelnden Protagonisten wirken wie von heute. Die verstoßene Perdita aus Shakespeares „Wintermärchen“ wird vom passiven Prinzeßchen zur Handelnden, die ihre Geschichte sucht. Die co-abhängigen Geschwister aus „Brüderchen und Schwesterchen“ von den Brüdern Grimm kämpfen mit der Sucht. Ein isolierter junger Mann erfüllt den Auftrag der Eltern und hat sich im Dornröschenschlaf eingewöhnt. Eine Patientin erbt Unentdecktes und bleibt gern Opfer.
Acht Figuren suchen ihre Zukunft und verirren sich im Wald - Väter und Töchter, Männer und Frauen, Mütter und Fremde. Sie irritieren und beeinflussen sich, sind in Gefahr und kämpfen, stecken in Tradierungen und Verdrängungen fest und wissen nicht genug von ihrer Vergangenheit, um eine eigene Position zu formulieren. Ist das Gestrüpp tödlich, bieten die hohen Hecken Schutz oder lauern dahinter Monster, die man besser nicht anrührt?
PREMIERE: 28. MÄRZ 2019, 20 Uhr,
ACKER STADT PALAST, Ackerstr. 169/170, 10115 Berlin
WEITERE VORSTELLUNGEN: 29., 30. und 31. MÄRZ 2019, jeweils 20 Uhr
KARTENVORVERKAUF: www.billetto.eu
RESERVIERUNG: karten@ackerstadtpalast.de oder an der Abendkasse
BÜHNE + LICHT: FLORIAN GUIST
ES SPIELEN: VIVIEN ANDRÉE, SABINE BÖHM, JAN-URS HARTMANN, CHRISTIAN KOHLHOFER, MARIA STRAUSS, KRISTINE WALTHER, FRANK ZIMMERMANN, ALJOSCHA ZÖLLER
PRODUKTION GEFÖRDERT VOM EIGENREICH E.V.
MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG DURCH DAS THEATERHAUS BERLIN MITTE.
Fotos: © Heather Schmaedeke
www.hinterhohenhecken.wordpress.com
„Das Regiedebüt von Susanne Stern wirkt stimmig. Die Regisseurin konzentriert sich auf die Geschichte. Sie nimmt die Figuren ernst und verhaspelt sich nicht, um uns auf den wichtigsten Akteur dieses Stoffes zu lenken: Nämlich auf die Zeit. Dadurch interessiert sie sich für das Wesentliche. Die Zeit, die auch für den Autor die zentrale Figur der Geschichte ist. Sie wird genutzt um Kontrolle auszuüben, mit Pausen und Wartezeiten Schmerzen zuzufügen, durch strukturierte Pläne systematische radikale Anpassung zu fordern: Zeit als Waffe. (...)
Das Debüt der jungen Regisseurin ist gelungen. Sie schafft es, entgegen der aktuellen Theaterkonvention eine zerbrechliche Welt aufzubauen, in der ihre Schauspieler glaubhaft agieren. Die dichte Atmosphäre der Inszenierung packt die Zuschauer und lässt eine empathische Identifikation mit den Protagonisten zu.“
Kritik Krzysztof Minkowski, Performing Arts Festival Berlin 2017
Eine autoritäre Eliteschule als Metapher für geschlossene Systeme – absolute Werte, Denkverbote, Gewalt. Peter Høegs Roman „Der Plan von der Abschaffung des Dunkels“ erzählt von der Rebellion dreier verwaister Jugendlicher und ist gleichzeitig eine hochphilosophische Reflexion über das Wesen der Zeit. Unter der Dauerüberwachung von Biehls Privatschule gründen Peter, Katarina und der kleine August eine Art Ersatzfamilie, die eigentlich ein revolutionäres Forschungslaboratorium ist. In einer Atmosphäre von Gewalt und Ohnmacht entdecken sie das Potential des eigenen Denkens und die Kraft von Freundschaft und erster Liebe. Im System der Schule ist die Zeit Herrschafts- und Kontrollinstrument. Die Zeit und der phantasievolle Umgang mit ihr sind auch die Schlüssel zum Widerstand.
Die Inszenierung erzählt die Geschichte der vermeintlich chancenlosen Kinder als Parabel über den Widerstand gegen totalitäre Systeme – Diktaturen, Sekten, religiöse Institutionen. Sie erforscht die inneren Strukturen solcher Systeme und mögliche Widerstandsstrategien. Parallel beleuchtet sie die Spuren, die in den Seelen der Betroffenen zurückbleiben und lotet den Umgang mit der Erinnerung an Ohnmacht, Angst und sexuelle Gewalt aus.
Der dänische Originaltitel von Høegs Roman „De maske egnede“ heißt übersetzt „Die vielleicht Geeigneten“. Der Titel öffnet ein weites Assoziationsfeld, in dem sehr heutige Themen anklingen: Zeitdiktatur, Leistungsterror und die Angst vor gesellschaftlicher Selektion, mit denen Høegs Figuren kämpfen, sind unserer Gegenwart näher als uns lieb ist. Manche Frage kommt einem bekannt vor: Wann kippt ein gutgemeinter Wert ins Gegenteil, wo beginnt Fanatismus? Lässt sich das menschliche Dunkel abschaffen? Woher kommt die Inspiration für Veränderung? Wo ist die Lücke im System?
15. Oktober 2015, Acker Stadt Palast Berlin, UA
www.ackerstadtpalast.de
16. – 18. Oktober 2015, Acker Stadt Palast Berlin
03. – 05. März 2016, Theaterhaus Berlin Mitte
www.theaterhaus-berlin.com
19. – 21. Mai 2016 Theater SPIELRAUM Wien
www.theaterspielraum.at
15. Juni 2017 Performing Arts Festival Berlin
Fotos: © Heather Schmaedeke